Wie kommt man an Direktkunden?
Da gibt es sicherlich kein Patentrezept, aber ich kann Ihnen erzählen, woher ich einige meiner Direktkunden habe.
Überraschend viele habe ich noch aus meiner Zeit bei my-hammer. My-hammer ist eine Jobbörse hauptsächlich für Handwerker, es gibt jedoch auch eine Rubrik für Übersetzer. Ähnlich wie bei ProZ stellen Auftraggeber hier Aufträge ein, auf die Angebote abgegeben werden. Ganz früher bekam automatisch der Billigste den Zuschlag, später konnte sich der Ausschreibende einen Anbieter aussuchen – die Angebote waren damals noch für alle sichtbar, das hat sich inzwischen wohl geändert, ich bin da nicht mehr so im Bilde und würde wirklich keinem empfehlen, jetzt noch dort mitzumachen. Wie bei ProZ (und vermutlich allen solchen Auftragsbörsen) tummeln sich dort hauptsächlich Hobby-Übersetzer, anders als bei ProZ jedoch keine Agenturen, sondern Direktkunden. Und der eine oder andere von diesen Direktkunden war tatsächlich auf der Suche nach einem guten Übersetzer – und nicht nach einem billigen. Ein Grund übrigens, weshalb ich dafür plädiere, auch bei ProZ durchaus Angebote abzugeben, weil dem Suchenden ja sonst nichts anderes übrig bleibt, als auf einen Billig-Anbieter zurückzugreifen und man durch seinen Rückzug aus solchen Jobbörsen den Bottomfeedern Tür und Tor öffnet. Auf jeden Fall landeten diese nach Qualität Suchenden gerne bei mir – nicht nur über die Ausschreibungen, sondern auch über das Branchenbuch. Eine Agentur für Webdesign (Websites für Ärzte) gehört heute noch zu meinem Kunden und nicht nur das: Dieser Kunde empfahl mich weiter und der Neukunde ebenfalls, sodass ich aus einem guten Kunden drei machen konnte. Für einen anderen Kunden über my-hammer habe ich seinen Lebenslauf übersetzt, mit dem er sich bei einer Firma bewarb, den Job bekam, und dieses Unternehmen zählt nun zu meinen Stammkunden. Ein dritter Kunde fand mich (wie die oben genannte Webdesign-Agentur) über das Branchenbuch von my-hammer; heute übersetze ich nicht nur für dieses Unternehmen, sondern auch für deren Zweigstelle in Österreich. Und ganz nebenbei habe ich auch meine Webdesignerin über my-hammer gefunden; sie macht meine Websites und ich übersetze die Websites ihrer Kunden.
Auf ein Unternehmen wurde ich über Werbung im Fernsehen aufmerksam: Ich interessierte mich für das Produkt, konsultierte die Website, stellte fest, dass die englische Version einem die Schuhe auszog, und schrieb das Unternehmen per E-Mail an, ob nicht Interesse an einer einwandfreien englischen Version bestünde. Was bejaht wurde; allerdings war mein Angebot zu hoch. Ziemlich genau ein Jahr später hatte man es sich anders überlegt und seitdem bin ich für alles zuständig, was das Unternehmen auf Englisch braucht.
Etwas ungewöhnlich war auch die Kundenakquise vor nicht allzu langer Zeit: Ich war mit meinem Sohn beim Arzt, der Arzt wusste aus der Patientenakte, was ich beruflich machte und nahm mich nach dem Termin zur Seite, ob ich ihm einen medizinischen Fragebogen aus dem Englischen übersetzen könne. (Also immer schön zum Arzt gehen! Kann sich lohnen.)
Über die Branchenbücher von BDÜ und ATA konnte ich bisher nur Agenturkunden gewinnen – über ProZ hingegen immerhin einen Direktkunden.
Die allermeisten Kunden jedoch finden mich über Google – ein Großteil davon ist aus dem Umkreis von Oldenburg. Werbeagenturen, Bekleidungsunternehmen, Ingenieurbüros, Sportgerätehersteller, Universitäten, Ämter … wer hier in der Gegend nach einem Übersetzer für Englisch sucht, kommt kaum an mir vorbei.
Fazit: Jobbörsen sind nicht nur böse und: Immer Präsenz zeigen!
Sehr interessanter Beitrag. Es ist immer wieder spannend zu sehen, wo bei Freiberuflern die Eigenwerbung greift, welche Vernetzungen sich im Laufe der Jahre ergeben und welche durchaus amüsanten Synergien sich entwickeln können (siehe Ihr Beispiel mit dem Arzt).
Prinzipiell halte auch ich es für wesentlich lukrativer, Kunden über ein Portal – oder besser ein Branchenbuch zu akquirieren – anstatt viel Geld für Klicks zu bezahlen.